Elektrischer Kurzschluss

Es gibt Tage, da stehen mir die noch verbliebenen Haare zu Berge – und zwar ohne, dass ich einen elektrischen Schlag erhalten hätte. Auslöser war stattdessen die aktuelle Bundesregierung. Was genau mich so ärgert?

Der aktuelle Haushaltsentwurf der Bundesregierung zeigt: Das Handwerk spielt beim Thema Stromkostenentlastung offensichtlich keine Rolle. Und das, obwohl genau dies im Koalitionsvertrag einmal ganz anders klang. Versprochen war eine Strompreissenkung von mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde – für Unternehmen und Privathaushalte. Was nun bleibt? Eine Entlastung für wenige große Industriebetriebe. Alle anderen zahlen weiter wie bisher. Das ist kein Kompromiss, egal wie sehr man es versucht, schön zu reden. Das ist eine Ohrfeige. Für den Mittelstand. Für unsere Region. Für die Verbraucher. Und natürlich besonders für das Handwerk.

Zwar wird in den Medien in den letzten Tagen häufig von Centbeträgen und ohnehin geringen entgangenen Entlastungen gesprochen, auf die man jetzt nur noch etwas länger warten müsse – in vielen Handwerksbetrieben summieren sich aber eben diese Centbeträge zu extrem hohen Belastungen auf. Für beispielsweise Tischler, Bäcker oder Metallverarbeiter sind Energiekosten längst kein Luxusproblem, sondern stellen zum Teil existenzbedrohende Belastungen dar. Ob Backofen, Kühlung, Geschäftsbeleuchtung oder Maschinenpark – das alles läuft nicht mit guten Worten. Das läuft mit Strom. Strom, der bezahlt werden muss.

Wortbruch stört Stromkreislauf

Was mich besonders ärgert: Wieder einmal trifft es die Falschen. Die, die dieses Land tragen. Die, die ausbilden, Arbeitsplätze schaffen, in der Region bleiben, auch wenn es zunehmend schwierig wird und die Großen längst Produktionen nach Osteuropa oder andere Teile der Welt verschoben haben. Unsere Familienunternehmen, unsere Handwerksbetriebe – sie stehen dank des Wortbruchs unserer Bundesregierung erneut im Regen. Somit muss das Handwerk klarkommen mit einem Bundeskanzler, der sein Wort bricht und ein Finanzminister, der in zwei Welten lebt: der einen, die er verheißt und der anderen, die man Wirklichkeit nennt. Das Handwerk ist bodenständig. Es steht für Verlässlichkeit, für Anpacken und Ehrlichkeit. Wenn wir etwas sagen, dann gilt das auch. Wer uns kennt, weiß: Aufs Handwerk kann man sich verlassen – im Wort wie in der Tat. Bei der Politik sieht das inzwischen leider ganz anders aus. Was angekündigt wurde, wird wieder zurückgenommen. Was versprochen war, bleibt unerfüllt. Und das Vertrauen der Menschen und Unternehmer im Handwerk? Das bleibt auf der Strecke. Hinzu kommt die Unsicherheit, die das alles hinterlässt.

Natürlich ist das Thema Stromsteuer nicht vom Tisch – und vielleicht ringt sich die Bundesregierung doch noch dazu durch, ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag Realität werden zu lassen. Aber selbst wenn: Der Schaden ist längst entstanden. Wirtschaft hat viel mit Psychologie zu tun – und wie es aussieht, scheint die Bundesregierung ziemlich leichtfertig mit ihren Wahlversprechen umzugehen. Ich halte das für brandgefährlich. Seinerzeit hat die Vorgängerregierung das sog. „Heizungsgesetz“ kommunikativ komplett vor die Wand gefahren, damit das Koalitionsklima, als auch das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher nachhaltig zerstört. Die neue Koalition muss nun aufpassen, dass sie mit diesem Vertrauensbruch an die Wählerinnen und Wähler nicht den ersten Dominostein in diese Richtung gekippt hat.

Die Auswirkungen sind auch in unserer Region zu spüren. Investitionen werden auf Eis gelegt, Zukunftsprojekte vertagt. Nicht, weil man nicht will. Sondern weil man schlicht nicht weiß, worauf man sich morgen noch verlassen kann. Und das alles in einer Zeit, in der unser Land eigentlich dringend wirtschaftliche Impulse braucht.

Wir brauchen endlich Verlässlichkeit – wie in einem gut funktionierenden Stromkreislauf. Und vor allem: Anerkennung für das, was das Handwerk leistet – nicht zuletzt beim Thema Energie. Sonst gibt es irgendwann (womöglich schon bei den nächsten Kommunalwahlen?) einen gewaltigen Kurzschluss.

Ihr Frank Tischner