Guter Umgang ist unumgänglich
In Zeiten, in denen Hektik und Empörung in unserer Gesellschaft leider omnipräsent sind, stelle ich mir die Frage: „Wie wollen wir miteinander umgehen?“ Wenn es nach mir geht: gut! Unter gutem Umgang verstehe ich dabei noch nicht einmal Benimmregeln à la Knigge, sondern einfach einen zwischenmenschlichen Umgang, der von Wertschätzung, Respekt und gegenseitiger Achtsamkeit geprägt ist – ganz egal, mit wem man es gerade in welcher Situation zu tun hat.
Und genau da hakt es, denn das scheint in unserer Gesellschaft alles andere als einfach zu sein. Bei uns in der Kreishandwerkerschaft setzen sich 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für das Handwerk in den Kreisen Steinfurt und Warendorf ein. Dabei sind wir selbst so unterschiedlich aufgestellt wie unsere Mitgliedsbetriebe. Wie in der gesamten Gesellschaft treffen auch hier – bspw. in unseren 26 Innungen – verschiedene Persönlichkeiten und Generationen aufeinander, Menschen mit individuellen Lebenserfahrungen, Werten und Meinungen.
Natürlich gleicht eine Kreishandwerkerschaft im Vergleich zur Gesamtgesellschaft einem nahezu geschützten Raum. Hier braucht es viel Verständnis, den festen Willen und vor allem auch den Mut, miteinander gut umzugehen.
Diese Attribute vermisse ich aktuell vor allem in gesellschaftspolitischen Diskussionen: Anderer Meinung sein? Gerne, diese aber bitte konstruktiv äußern und nicht vernichtend urteilen. Es besser wissen? Möglich, aber sind wir nicht hinterher immer alle etwas schlauer? Warum sich bei Diskussionen endlos im Kreise drehen, um Schuldige zu finden, wenn man diese Energie doch sinnvoll nutzen könnte, um endlich gemeinsam voranzukommen und aus Fehlern zu lernen?
Das, was da aktuell zur Gepflogenheit geworden ist, ist doch alles andere als ein guter Umgang?! Natürlich kann man Entscheidungen der Politik in einer solchen außergewöhnlichen Lage kritisieren, aber dann bitte konstruktiv und sachlich, und dabei auch einmal versuchen, die Sichtweise und Interessenslage anderer einzunehmen, statt immer gleich dogmatisch und in parteipolitischen Reflexen darauf zu hauen. Es war schon immer einfacher ein Buch zu kritisieren, als selber eines zu schreiben.
Doch zurück zu meiner Eingangsfrage: „Wie wollen wir miteinander umgehen?“ Mein Vorschlag lautet: offen, positiv eingestellt und optimistisch in die Zukunft blickend. Für das Handwerk kann ich aus voller Überzeugung sagen, dass wir in diesem Sinne alle an einem Strang ziehen – auch wenn es an manchen Tagen leichter als an anderen fällt. Wir übernehmen Verantwortung, unterstützen uns gegenseitig und stehen füreinander ein. Oftmals ehrenamtlich. Die handwerkliche Selbstverwaltung lebt vom Ehrenamt, das z. B. gemeinsam mit dem Hauptamt die Prüfungsausschüsse für die Meister- und Gesellenprüfungen übernimmt. Erst im letzten Monat konnten wir dank des ehrenamtlichen Engagements unserer Prüfungsausschussmitglieder rund 600 Abschlussprüfungen durchführen. Diese Menschen sind für uns unverzichtbar und ich bin dankbar, dass es sie gibt.
Doch nicht nur im Handwerk selbst, auch in der Zusammenarbeit mit Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ist guter Umgang gefragt, im beruflichen Umfeld ebenso wie im privaten. Das Thema der Impfdrängler ist aktuell ein sichtbares Zeichen, wie Anstand und Gemeinschaft nicht funktionieren. Man fragt sich, was diese Leute reitet das sie für sich einen Anspruch ableiten, früher als vorgesehen geimpft zu werden. Ein weiteres aktuelles Beispiel: Haben Sie in den letzten Tagen einfach mal selbst zum Schneeschieber gegriffen? Oder haben Sie sich darüber beschwert, dass die, die dafür zuständig sind, die Straße nicht schnell genug frei räumen? Zugegeben, das ist nicht die große Bühne, aber im Kleinen fängt es mit gegenseitigem Verständnis für einen guten Umgang miteinander an. Und ein ehrlich gemeintes „Danke für den Einsatz“ wirkt oft Wunder und lässt Vorurteile schmelzen wie das Tauwetter in den kommenden Tagen den Schnee.
Ihr Frank Tischner