Handwerk – Helau!

Was uns mit Karneval verbindet

Keine Sorge! Ich steige hier jetzt nicht mit einem Plädoyer für den Karneval in die Bütt. Obwohl ich zugeben muss, schon ein Freund der ein oder anderen Karnevalsveranstaltung zu sein. Mir geht es um etwas anderes, denn man braucht kein Jeck zu sein, um zu verstehen: Der Karneval und das Handwerk in Deutschland haben viel gemeinsam.

Zum Beispiel eine lange Tradition. Sowohl die Karnevalisten in ihren jeweiligen Regionen als auch die Handwerker verschiedener Branchen und Gewerke pflegen ihre Brauchtümer. Man denke nur an Rosenmontagsumzüge und die Walz der Zimmerleute. Oder das Ehrenamt: Weder der Karneval noch das Handwerk könnten ohne ein beherztes ehrenamtliches Engagement lange überleben. Und natürlich auch die Freude: Denn beide können so richtig Spaß machen.

Und noch etwas verbindet Handwerk und Karneval: Allen Traditionen zum Trotz sind Karneval und Handwerk innovativ und kreativ. Während die Jecken vielerorts mit alternativen Prunk- oder auch Stunk-Sitzungen zeigen, dass sie sehr viel mehr als Tätä und Tschingderassa Bumm drauf haben, beweist das Handwerk seit Jahrhunderten ein hohes Maß an Innovationsbereitschaft und -fähigkeit. Und das nicht erst seit der digitalen Revolution.

Nicht zuletzt sind Karneval und Handwerk gleichermaßen geprägt von Toleranz und Weltoffenheit. Was glauben Sie denn, was am Rosenmontag in Köln oder Düsseldorf los wäre ohne die Touristen aus aller Welt? Und die Sambaschulen in Rio schöben sicher eine gewisse Langeweile, wenn sie ihre Spektakel nicht auch für die vielen internationalen Gäste absolvierten. Und was wären unsere Handwerksbetriebe ohne ihre Kundschaft von jenseits der Landesgrenzen und ihre Mitarbeiter mit Wurzeln in aller Welt?!

Deshalb finde ich es auch so ganz und gar nicht zum Lachen, wenn sich Politiker wie Alexander Dobrindt erheben und eine bürgerlich-konservative Wende oder sogar eine Revolution fordern. Wie unlängst in seinem Essay in der „Welt“ geschehen. Damit wir uns nicht falsch verstehen – ich habe nichts gegen eine Rückbesinnung auf Werte und eine konservative Grundhaltung.

Wenn ich aber in dem Artikel von Herrn Dobrindt lese: „Heimat und Vaterland sind Wurzeln unserer Identität“, dann mag das für die seine gelten, für meine Identität ganz bestimmt nicht! Ich bin in Deutschland geboren und es gibt viele Dinge, die ich an Deutschland toll finde. Trotzdem weiß ich, dass meine Geburt in diesem Land letztlich Zufall war, und ich tue mich schwer damit, auf Zufälle stolz zu sein.

Wenn jemand beim Fußball-Länderspiel Deutschland-Fahnen schwenken will, soll er das machen. Wenn Bayern in Lederhosen zum Trachtenverein gehen wollen: Auf geht’s! Glauben Sie mir, ich bin der Letzte, der gegen Männer in Lederhosen protestiert. Nur: Ich mach’s halt nicht. Macht mich das zu einem schlechteren Deutschen? Laut Herrn Dobrindt ja, denn: „Patriotismus ist Voraussetzung für Weltoffenheit“. Und da wird’s so richtig hanebüchen.

Meine Erfahrung in meiner beruflichen Laufbahn ist und war es immer, dass ich im Ausland mit den Menschen aufgrund meiner Person, meiner Persönlichkeit und meiner Offenheit klargekommen bin. Es war nun nicht der von Herrn Dobrindt beschriebene Patriotismus, sondern die Überzeugung, dass Menschen Menschen sind, egal ob sie aus Afrika, Asien oder Oberammergau, dem Rheinland oder Westfalen kommen.

An dieser Stelle ist es wichtig klarzustellen, dass Traditionen, ob im Karneval, dem Handwerk oder in vielen anderen Teilen der Gesellschaft enorm wichtig sind. Noch wichtiger sind aber die handelnden Menschen und die – heute würde man sagen – „soft skills“ dahinter. Was nützt mir die schönste Tradition, wenn menschliche Werte auf der Strecke bleiben?! Diesen Unterschied hat Herr Dobrindt leider nicht verstanden, stattdessen wird mit flachen Stammtischparolen Stimmung gemacht.

Ohnehin: Nur ein Narr kann glauben, dass in der Abschottung vor der Welt der Schlüssel zu einer erfolgreichen Politik zum Wohle der Bürger liegt. Wenn Herrn Dobrindt keine persönlichen Argumente überzeugen, sollte er als Spitzenpolitiker immerhin die Exportquote in Deutschland kennen. Daran kann auch er ablesen, wie wichtig es ist, über die Grenzen hinaus zu kooperieren. Lassen wir uns überraschen, aber mit Sicherheit wird auch Herr Dobrindt, zumindest aber die CSU einen der Mottowagen der unzähligen Karnevalsumzüge schmücken.

Und dort schließt sich wieder der Kreis zwischen dem Karneval und dem Handwerk, denn gebaut werden die Karnevalswagen oft von ehrenamtlich tätigen Handwerkern. Und diese stehen auch dafür, an bestimmten Punkten laut ihre Meinung zu sagen – ob in einem Blog oder anhand eines Mottowagens. In diesem Sinne „Helau“ und Alaaf“ und eine schöne Karnevalszeit!

Ihr
Frank Tischner

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