Handwerk macht Sinn!

Spannung, Spiel und Schokolade? Das versprechen andere. Eine Ausbildung im Handwerk bietet jungen Menschen Bodenständigkeit, Erfüllung und Planbarkeit. Und das ist es, was sich die „Generation Schneeflocke“ für ihr Leben wünscht.

Als Vater, aber auch in meiner Funktion als Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt Warendorf, stehe ich nahezu täglich im intensiven Austausch mit jungen Menschen. Mich interessiert, was sie vom Leben erwarten, wie sie ihre Zukunft gestalten möchten – egal ob im Münsterland oder in Südafrika.

Laut aktueller Shell Jugendstudie (www.shell.de/jugendstudie) „glauben 84 Prozent der jungen Menschen, dass sie ihre beruflichen Wünsche werden verwirklichen können. Ein (künftiger) Arbeitsplatz soll vor allem Sicherheit bieten und es den Jugendlichen ermöglichen, etwas Sinnvolles zu tun.“

Herzlich willkommen im Handwerk, kann ich da nur spontan sagen. Auch wenn ich in einem früheren Blogbeitrag selbst bemängelt habe, dass vielen Jugendlichen aus meiner Sicht das das Unternehmer-Gen fehle, ist es doch sehr positiv, dass offensichtlich der Großteil junger Menschen auf die Erfüllung durch den eigenen Beruf setzt. Interessant: Neben einem hohen Einkommen oder Aufstiegsmöglichkeiten, stehen für ein Viertel der in der Studie befragten Jugendlichen neben dem Nutzen die alltägliche Planbarkeit im Vordergrund ihrer beruflichen Vorstellung.

Natürlich lässt sich nichts generalisieren, es gibt immer „solche und solche“, doch auch ich beobachte bei den jungen Menschen, die ich im Rahmen ihrer Ausbildung kennenlerne, dass diese sehr häufig den Sinn ihrer Tätigkeit positiv herausstellen. Und dass Handwerk Sinn macht, sehen wir überall. Ich fange jetzt nicht wieder bei den morgendlichen Frühstücksbrötchen vom Bäcker an – Sie wissen, wo uns das Handwerk Tag für Tag in unserem Leben begegnet. Ergo: wo es uns fehlen wird, wenn wir es nicht schaffen, weiter junge Menschen für das Handwerk zu begeistern.

Längst überfälliges Umdenken

Die Zukunftsaussichten im Handwerk sind gut. Die Nachfrage nach Handwerksleistungen noch besser, aber ohne Nachwuchs wissen irgendwann alle, was theoretisch getan werden müsste, aber niemand kann es mehr umsetzen. Wer soll in zwanzig Jahren die Heizung reparieren, die Solaranlage auf dem Dach installieren oder das neue Ladenlokal einrichten, wenn wir nicht heute auf die vielen Möglichkeiten im Handwerk hinweisen? Und da denke ich nicht nur an die jungen Menschen. Denn ich bin mir ziemlich sicher, sie selbst haben als Kinder gar keine Vorbehalte gegen das Handwerk. Was wollten Sie denn früher im Kindergarten oder in der Grundschule werden? Es sind die Eltern, Verwandte, die Lehrerinnen und Lehrer  wie auch unsere Gesellschaft, die junge Menschen schon in jungen Jahren auf den aus ihrer Sicht allein erstrebenswerten Gymnasium-Studium-Berufsweg drillen und so den Weg ins Handwerk von vornerein ausschließen. Fun Fact: Auch mit Abitur kann man eine Ausbildung im Handwerk absolvieren und nebenbei sogar ein Studium abschließen – Duales Studium nennt sich das.

Passend dazu läuft aktuell die neue Imagekampagne des Zentralverbands des Deutschen Handwerks: „In der Schule lernt man fürs Leben. Zum Leben gehört Handwerk. Übers Handwerk lernt man wenig.“ Nur eine der vielen treffenden Aussagen, mit denen ein längst überfälliges Umdenken gefordert wird. Chapeau, lieber ZDH! Einige Bilder der Kampagne habe ich jüngst auf meiner persönlichen Facebookseite gepostet und dafür große Resonanz erhalten. Ein Vorschlag in den zahlreichen Kommentaren lautete, dass es eine Art verpflichtendes freiwilliges Jahr bzw. eine Ausbildung vor Aufnahme eines Studiums geben sollte. Ob es einmal so weit kommen wird? Vielleicht schaffen wir es mit Aufklärung und vor allem Wertschätzung, die das Handwerk sich verdient hat.

Generation Schneeflocke

Warum eigentlich „Generation Schneeflocke“? So würden laut Personaler Heiner Thorborg (Spiegel 4/2022) in bestimmten Kreisen heutige Berufseinsteiger bezeichnet, da sie „unter Druck schmelzen“ würden. Junge Menschen hätten nur noch ihre Selbstverwirklichung, Freiheit und persönliche Flexibilität im Kopf. Das meint Thorborg nicht als Kompliment.

Für mich sind dies jedoch hehre Ziele von jungen Menschen, die eben nicht unter Druck schmelzen, sondern zeigen wie sie mit dem Druck des Klimawandels auf unseren Planeten umgehen und uns „Alten“ Druck machen, endlich etwas zu unternehmen, damit die Gletscher nicht weiter schmelzen. Aber das ist wieder ein anderes wichtiges Thema, dem ich mich vielleicht in einem anderen Blogbeitrag widme. Angelehnt an Herbert Grönemeyers „Kinder an die Macht“ bleibt mir nur der Aufruf: „Junge Menschen ins Handwerk!“

Ihr Frank Tischner