„Kreis-Handwerkskammer‟
Wissen Sie was eine Kreis-Handwerkskammer ist? Ich auch nicht, aber dieses Konstrukt taucht immer wieder auf: in den Zeitungen, in Politiker-Reden und auch in so mancher Briefadresse, wobei der Brief dann regelmäßig im Briefkasten der Kreishandwerkerschaft landet. Wenigstens die Briefträger wissen, wo sich die „Kreis-Handwerkskammer“ befindet, obwohl es sie ja gar nicht gibt.
Zugegeben: In meinem Leben vor dem als Hauptgeschäftsführer einer Kreishandwerkerschaft habe ich mich auch wenig um Differenzierung zwischen Innung, Kreishandwerkerschaft und Handwerkskammer gekümmert, obwohl mein Berufsstart im Handwerk stattfand. Aber nach fast sechs Jahren an der Spitze der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf wurmt es mich doch, wenn wieder mal die Kreis-Handwerkskammer auftaucht oder man mich als Geschäftsführer der IHK bezeichnet.
Auch wenn die Abkürzung für eine Kreishandwerkerschaft KH lautet und damit eine Teilmenge der Kammer-Abkürzungen IHK und HWK bildet, protestiere ich –manchmal auch recht laut -, denn trotz ihres schrecklich langen und umständlichen Namens ist die Kreishandwerkerschaft keine Behörde, sondern in erster Linie Wirtschafts- und Arbeitgeberverband, die die Interessen des selbständigen Handwerks in ihrer Region vertritt, die berufliche Bildung fördert und die ihr angeschlossenen Innungen und deren Mitgliedsunternehmen mit einer Vielzahl von Serviceleistungen bei der Betriebs- und Personalführung unterstützt.
Dass eine Handwerkskammer vom Wirtschaftsministerium eingerichtet wird, macht sie deutlich unterscheidbar von einer Kreishandwerkerschaft, die von den Innungen eines Bezirks getragen wird und damit als Klammer zwischen diesen, fachlich orientierten Berufsstandvereinigungen fungiert. Wenn ich also von der Kreishandwerkerschaft oder KH (um die Sache zu verkürzen) spreche, dann meine ich auch immer damit die Innungen, denn beide Formen der Handwerksorganisation sind eine Seite der Medaille.
Was vor allem der prägende Unterschied zu einer Kammer ist und was eine KH eben nicht zu einer Kreisgeschäftsstelle der Handwerkskammer macht, auch wenn sie von dieser einige hoheitliche Aufgaben übernimmt, ist das Müssen vs. Wollen bei der Mitgliedschaft eines Handwerksunternehmens. Wollen, nicht Müssen das gilt auch für die Berufsstandsarbeit der KH. Unser Maßstab sind und bleiben mit großem Abstand „SIE“, die Handwerksunternehmen. Wir müssen und können es nicht allen Recht machen – seien es Parteien, Institutionen oder besonderen Personengruppen. Wir wollen aber sehr gerne mit all denen zusammenarbeiten, die dem Handwerk Nutzen bringen.
Um es klar zu sagen: KH und Innungen sind Interessensvertreter und Dienstleister für ihre Mitgliedsunternehmen. Ob juristische Beratung oder Vertretung vor Arbeitsgerichten, tarifliche Auskünfte, Forderungsmanagement oder Steuerberatungs- und Buchstelle – diese Serviceleistungen erhalten Innungsmitglieder exklusiv, kostenfrei oder kostengünstig bei der KH. Und fachliche Informationen und Beratungen gibt es über die Fach- und Innungsverbände, deren Inanspruchnahme mit der Innungsmitgliedschaft abgedeckt ist.
Was Handwerkskammer, Kreishandwerkerschaften und Innungen eint, ist die Aufgabe und das Ziel, das Handwerk als Wirtschaftsmacht, als Arbeitgeber und Ausbilder, aber auch als Wertegemeinschaft nach vorne zu bringen und seine Zukunft zu sichern. Man mag sich manchmal über die Behäbigkeit der komplexen Handwerksorganisation in Deutschland ärgern. Die Ökonomin und Philosophin Christine Ax bezeichnet dies als „Tankersyndrom“, sie sieht aber auch die Vorzüge der Schwere und des Tiefgangs der Handwerksorganisation, die dadurch besser Kurs halten kann und größere Stabilität gibt. Vor allem ermöglicht die Handwerksorganisation Lobbyarbeit für die vielen kleinen und mittleren Handwerksunternehmen, die diese selbst nicht leisten können.
Gewiss ist so einiges verbesserungs- und optimierungswürdig, aber – und das darf man bei aller Kritik an der Arbeit der Handwerksorganisationen nicht vergessen – Kammern, Kreishandwerkerschaften und Innungen fußen auf der berufsständischen Selbstverwaltung. Sie als Handwerksunternehmer haben es also auch in der Hand, „Ihre“ Organisation und deren Arbeit mitzugestalten, und viele tun es auch und halten Innung und KH lebendig und handlungsfähig. Allein im Bereich der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf und der dazugehörigen Innungen engagieren sich über 600 Handwerksunternehmerinnen und -unternehmer in den verschiedenen Gremien ehrenamtlich.
Herzlichen Dank dafür!
Ihr
Frank Tischner
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