Wertschätzung

Bevor ich mich in diesem Blog zu Chat GPT und zur Künstlichen Intelligenz im Allgemeinen äußere, möchte ich doch aus aktuellem Anlass über die natürliche Intelligenz sprechen. Über den gesunden Menschenverstand, den ich leider immer mehr schwinden sehe. Mich beschäftigt die Frage, WIE sich manche Menschen in unserer Gesellschaft bewegen und damit verbunden das WARUM?

Wann waren Sie das letzte Mal im Kino? Gemütlich in den bequemen Sesseln vor der großen Leinwand sitzend, mit Popcorn und Softdrink ausgestattet und voller Vorfreude auf zwei Stunden Abenteuer, Komödie etc.? Ich kann es adhoc gar nicht sagen, doch wenn ich mich an meine früheren Kinobesuche erinnere, waren diese immer friedlich. Da hat höchstens mal jemand auffallend laut gelacht oder zu laut mit mitgebrachten Snacks geraschelt. Wenn ich jedoch aktuell die Nachrichten sehe, bin ich froh, dass ich nicht aus Versehen unfreiwillig mitten in einer TikTok-Challenge gelandet bin. Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben: Es läuft gerade ein Film, bei dem das Publikum es darauf anlegt, durch Randale im Kinosaal einen Abbruch der Filmvorführung zu provozieren. Warum? Da bin ich ebenso überfragt wie die Kinobesitzer, die den Film aufgrund der Verwüstungen jetzt entweder aus dem Programm nehmen oder zusätzliches Sicherheitspersonal einstellen. Scheinbar erfüllt diese Aktion das Geltungsbedürfnis nicht weniger junger Menschen, die sich stolz bei ihrem „Benehmen“ filmen und die Videos in den Sozialen Medien veröffentlichen.

Anderes Beispiel: Auf dem Weg ins Büro fahre ich häufig an der neu gebauten Umgehungsstraße in Münster vorbei. Leider sieht die dazugehörige und ebenfalls neu erbaute Schallschutzmauer nicht mehr ganz so neu aus, denn von der Mauer ist nicht mehr viel zu sehen. Stattdessen sehe ich Graffiti – und zwar nicht die anspruchsvolle Sorte von talentierten Künstlern, die im Auftrag arbeiten, sondern Graffiti-Tags, die mit Sicherheit nicht von bekannten Grafittisprayern, sondern allenfalls von Möchtegernen verunstaltet wurden. Ich lese dort Abkürzungen, die mir nichts sagen. Vielleicht sind sie nichtssagend, vielleicht soll das „Fuss 157“ auch eine Aufforderung sein, statt mit dem Auto zu fahren, lieber zu Fuß zu gehen. Zumindest ergibt dies meine kurze Internetrecherche zu diesem Tag. Ob der Urheber dies oder etwas anderes im Sinne hatte – ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass mich der Anblick jedes Mal aufs Neue den Kopf schütteln lässt. Solche Graffitis wie an der neuen Umgehungsstraße in Münster sieht man leider überall. Und überall gilt: Es gibt eine Person, die sich und ihr Werk selbst „geil“ findet, Tausende von Menschen finden das Graffiti einfach nur dämlich und kindisch.

Jetzt stelle ich mir die Handwerker vor, die wochenlang an dieser Baustelle tätig waren und vielleicht privat mit der Familie im Auto ebenfalls dort vorbeifahren. Können sie stolz auf die Lärmschutzmauer zeigen und sagen „Guckt mal, da hat Papa mitgebaut?“. Die Menschen, die diese Mauer rücksichtslos beschmieren, wissen nicht, wer sie bezahlt hat, wer sie geplant hat, wer sie erbaut hat und wer jetzt den Anblick ertragen muss. Und irgendwann wird jemand die Schmierereien wieder entfernen, was wieder jemanden Geld und jemand anderen große Mühe kosten wird. Und das alles dank fehlender Wertschätzung von einer Person.

Wände beschmieren, anderen Menschen Popcorn und Bier über den Kopf schütteln und ganze Kinosäle verwüsten – was soll das und wo ist der Kick? Ich möchte hier nicht als alter Moralapostel verstanden werden: Auch ich habe in meiner Jugend über die Stränge geschlagen, aber es gab klare Grenzen: niemand wird verletzt und es wird nichts absichtlich zerstört. Es will mir einfach nicht in den Kopf, wie sich manche Menschen „besonders“ machen möchten, indem sie anderen Menschen Schaden zufügen oder Dinge zerstören. Es ist doch viel schöner, sich durch eigene Leistungen positiv hervorzuheben. Warum toben sich diese Menschen nicht im Sport oder in einer Ausbildung im Handwerk aus? Wir haben im Handwerk 129 Berufe! Da ist für jeden etwas dabei. Warum nicht Maler und Lackierer statt Möchtegern-Graffitisprayer?

Und vielleicht merken diese Personen dann, wenn sie erst einmal selbst etwas mit den eigenen Händen geschaffen haben, wie es ist, wenn jemand anderes es mutwillig zerstört oder beschmiert. Ich schätze, spätestens dann erkennen auch sie den Wert.

Ihr Frank Tischner