Entscheidungen sind entscheidend
Essen Sie lieber die obere oder die untere Brötchenhälfte? Denken Sie schon einmal darüber nach – zur Auflösung, warum ich Sie das an dieser Stelle einleitend frage, kommen wir am Endes dieses Blogbeitrags.
Ich habe mich dieses Mal für das Thema „Entscheidungen“ entschieden. Ob dies eine gute Entscheidung ist oder nicht, weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Denn im Moment sitze ich an meinem Schreibtisch und tippe diese Zeilen für Sie. Ob Ihnen dieser Blogbeitrag ähnlich gut gefällt wie andere, auf die ich regelmäßig positive Rückmeldungen erhalte, bleibt abzuwarten. Erst zu einem späteren Zeitpunkt werde ich wissen, ob meine Entscheidung für das Thema „Entscheidungen“ gut oder weniger gut gewesen ist. Im Moment ist es „nur“ eine Entscheidung – wertungsfrei – und es ist völlig offen, wohin diese führen wird. Hoffentlich in ca. einer Stunde zu einem neuen Blogbeitrag.
Wir alle treffen Tag für Tag Entscheidungen. Manchen Menschen sind entscheidungsfreudig, andere tun sich mit jeder Entscheidung schwer. Und wiederum andere treffen am liebsten gar keine Entscheidung, sondern geben diese gerne ab. „Was würdest du tun?“, „Das sollten Sie entscheiden“ oder „Ich lass das einfach auf mich zukommen“ – wer will, kommt um das Entscheiden herum. Doch welche Folgen hat so ein fehlender Entscheidungswille?
Ich beobachte diese Unentschlossenheit vor allem bei Jugendlichen, wenn es um die Berufswahl geht. Da wird abgewartet, was die Freunde machen, was Eltern sagen, aber selbst sind viele junge Menschen nicht in der Lage, eine klare Entscheidung zu treffen. Das führt soweit, dass sie sich gar nicht für eine Berufsausbildung – geschweige denn für einen bestimmten Ausbildungsberuf – entscheiden, sondern weiter zur Schule gehen. Wobei ich persönlich rein gar nichts gegen weitere schulische Bildung habe. Was mir jedoch Bauschmerzen bereitet ist, dass viele junge Menschen die Schule nicht mit einem klaren Ziel vor Augen weiter besuchen, sondern um Zeit zu gewinnen und sich eben nicht entscheiden zu müssen. Gerade wenn es um die Berufswahl geht, wünsche ich mir mehr Eigeninitiative und Entscheidungsfreudigkeit. Ich verstehe, wenn Schülerinnen und Schüler sich alle Wege für den beruflichen Werdegang möglichst lange offenhalten wollen, ich verstehe auch, dass es angesichts der vielen Möglichkeiten für die eigene Berufsbildung nicht leicht ist, sich für einen Weg zu entscheiden. Ein „Mehr“ an Berufsauswahl ist eben nicht immer besser, sondern verunsichert und verwirrt verständlicherweise oft nur. Aber wer, wenn nicht man selbst, soll diese wichtige Entscheidung denn sonst treffen? Meiner Meinung nach sind hier insbesondere die Eltern und Lehrkräfte gefragt, die Jugendlichen bei ihren Entscheidungen zu begleiten und im Findungsprozess aktiv zu unterstützen. Und zwar so, dass die jungen Menschen am Ende selbstbewusst ihre eigene Entscheidung in der Berufswahl treffen können – und nicht die heimlichen Berufswünsche der Eltern oder das, was ihre Lehrer für sie am besten halten, umsetzen. Nur weil das vielleicht einfacher ist als sich selbst zu entscheiden.
Vielleicht hilft es, einmal umzudenken. Entscheidungen treffen, heißt ja nicht unbedingt, sich für eine Sache zu entscheiden. Im Gegenteil: Auch die Entscheidung gegen etwas kann einen ein ganzes Stück weiterbringen. Denn dann weiß ich, was ich auf jeden Fall nicht will. Es gibt sogenannte „Hin zu“- und „Weg von“-Motivationstypen. Die ersten motivieren sich, indem sie wissen, was sie erreichen wollen und dementsprechend ihre Entscheidungen treffen. Die letzteren wollen bestimmte Dinge vermeiden und bewegen sich daher mit ihren Entscheidungen davon weg. Egal in welche Richtung – entscheidend ist, dass Entscheidungen getroffen werden. Sonst bewegt sich gar nichts. Und dafür erfordern Entscheidungen einen inneren Antrieb. Wir alle sind für uns selbst verantwortlich. Natürlich können wir uns Rat holen und die Pros und Contras abwägen, doch die letztendliche Entscheidung müssen wir selbst treffen. Und sollte sich herausstellen, dass die Konsequenzen dieser Entscheidung weitreichende Folgen haben, müssen wir diese aushalten oder die nächste Entscheidung treffen.
Ich beobachte zunehmend, dass es in unserer Gesellschaft immer mehr Menschen gibt, die anderen gerne die Schuld für etwas geben. Wenn ich meiner Meinung nach zu wenig verdiene, dann liegt es doch an mir, mich weiterzubilden oder mich beruflich so zu verändern, dass ich meinem Wunschgehalt näherkomme. Wenn ich einen bestimmten Beruf erlernen möchte, in meiner Heimat allerdings keinen Ausbildungsbetrieb finde, dann treffe ich die Entscheidung für einen Umzug, um meine vorherige Entscheidung für die Ausbildung umsetzen zu können. Flexibilität geht mit Entscheidungen Hand in Hand. Zwar bin ich selbst persönlich ein Freund der Konsequenz. Allerdings bedeutet das für mich nicht, an einer getroffenen Entscheidung stoisch festzuhalten, auch wenn ich merke, dass es längst einer Entscheidung in eine andere Richtung bedarf. Entscheidungen sind, wie es so schön heißt „nicht in Stein gemeißelt“. Es ist erlaubt, es sich wieder anders zu überlegen. Denn wir haben jede neue Entscheidung in unserer eigenen Hand. Apropos in der Hand, da waren ja noch die Brötchenhälften:
Oben oder unten – schon entschieden? Kürzlich hörte ich die Geschichte eines Ehepaars, das nach 30 Jahren Ehe herausfand, dass der jeweils andere Ehepartner lieber die Brötchenhälfte gegessen hätte, die er bzw. sie in all den Ehejahren jeweils dem anderen überlassen hatte. Mit einer klar kommunizierten Entscheidung hätten beide seit 30 Jahren ihre Lieblings-Brötchenhälfte verspeisen können. Hoffen wir für die beiden, dass noch weitere 30 Jahre folgen. Und lernen wir daraus, dass auch Entscheidungen am Frühstückstisch entscheidend sein können. Mein persönlicher Tipp als gelernter Bäcker: Das Brötchen einfach senkrecht halbieren, dann gibt es für jeden eine Ober- und eine Unterhälfte.
Lassen Sie sich Ihre nächste Entscheidung schmecken!
Ihr Frank Tischner