Die Stunde der Profis
Haben Sie in den letzten Tagen auch vermehrt glücklich blickende Menschen in Ihrem Bekanntenkreis gesehen, vor allem auch irgendwie verändert aussehende Menschen? Das Grau(en) des auf dem Kopf wie Unkraut schießenden Haares, das nicht mehr den Namen Frisur verdiente, hat seit Anfang des Monats mit der Wiedereröffnung der Friseursalons ein glücklicherweise ein Ende. Ein Ende haben damit hoffentlich auch die oftmals verunglückten Selbstversuche oder die Experimente der Partnerin, des Partners oder der (jetzt vielleicht ehemals) besten Freundin, das Haar zu stutzen oder zu färben. Spätestens jetzt haben viele den Wert und das Können der echten Profis erkannt.
Das Handwerk, das die Friseurinnen und Friseure in einer dreijährigen Ausbildung erlernt und in einer teilweise langjährigen Berufspraxis geübt haben, ist eben ein bisschen mehr als ein wenig Schnipseln mit der Schere.
Und wenn auch mancher, der die Zwangspause wegen Quarantäne oder Kurzarbeit genutzt hat, um Renovierungs- und Reparaturarbeiten im eigenen Heim durchzuführen, wird festgestellt haben, dass zwischen Theorie und Praxis, zwischen einem Hobby-Handwerker und einem Profi aus dem Handwerk zuweilen Welten liegen können.
Oder werfen Sie einmal einen Blick über den Atlantik in Richtung USA, wo Präsident Trump unter Missachtung seiner wissenschaftlichen Berater die Einnahme von Desinfektionsmittel als Mittel gegen den Corona-Virus empfohlen hat und Ende März den möglichen Tod von 100.000 bis 200.000 Amerikanern schon als Erfolg seiner Arbeit bewertete. Wie unaufgeregt und kompetent dagegen die Pressekonferenzen der Bundeskanzlerin, die nicht nur auf die wissenschaftlichen Experten hört und sie versteht, sondern dieses Verständnis auch der Bevölkerung vermitteln kann und dieses Wissen in angemessene politische Entscheidungen anwendet. Dies trifft natürlich nicht nur auf Frau Merkel zu, auch andere politischen Entscheidungsträger in unserem Land agieren so. Hier zeigt sich noch nicht einmal der Unterschied zwischen einem Profi und einem Laien, wie es nach meinem Verständnis der Hobby-Handwerker ist. Hier trifft gefährlicher Dilettantismus auf Professionalität.
Umso unverständlicher die Demonstrationen der letzten Tage, die immer noch der Meinung sind, dass der Lockdown das Ergebnis einer „Maßnahme böser Mächte“ sei. Soziologen sprechen hier von einem Präventionsparadox, d. h. man sieht nicht die Schäden, die ausgeblieben sind, und glaubt ernsthaft, dass als „Beweis“ zu nutzen, um selten dämliche Theorien aufzustellen.
Doch sprechen wir lieber über die Profis anstatt über Spinner. Was sind eigentlich die Charakteristika eines Profis in der Wirtschaft und in der Politik? Ich nenne nur einige, wie ich finde, typische Merkmale und finden Sie selbst heraus, wer Profi ist:
- Profis beherrschen ihr Handwerk – nicht nur sprichwörtlich, sondern auch im übertragenen Sinn.
- Profis haben die richtige Ausrüstung und / oder versierte Mitarbeiter.
- Profis haben Erfahrung und zeigen Sicherheit und Souveränität bei der Ausübung ihrer Tätigkeit.
- Profis übernehmen Verantwortung und lösen Probleme. Auch sie können Fehler machen, aber sie stehen dazu und setzen alles daran, diesen Fehler zu beheben. US-Präsident Harry S. Truman befestigte während seiner Amtszeit einen Zettel an seine Bürotür, auf dem zu lesen war „The buck stops here.“, was nichts anderes bedeutet als: „Hier wird der schwarze Peter nicht mehr weitergegeben. Ich übernehme die Verantwortung.“ (Übrigens das gleiche Schild steht seit dem 1. November 2011, also seit meiner Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf auf meinem Schreibtisch ) – und zum Schluss:
- Profis behalten die Nerven – auch wenn es schwierig wird. Ruhe, Konzentration und Umsicht – so gehen Profis mit einer Krise um, sie verfallen nicht in Panik, sondern stellen sich der Situation.
Eines hat dieser kleine Virus uns in diesen Zeiten deutlich vor Augen geführt: Es ist kein Platz für Dilettanten oder Demagogen, es ist die Stunde der Profis.
Daher vielen Dank an die Profis in diesem Land.
Ihr Frank Tischner