Energiegeladen

Das Thema Energiewende ist in Deutschland ziemlich aufgeladen. Egal ob Umstieg auf erneuerbare Energien oder Aufrufe zur Energieeinsparung – auf manche Menschen wirkt das Thema hochspannend, bei anderen kommt trotz drohender Klimakrise und Krieg mit möglichem Gasembargo scheinbar nichts an.

Wo stehen wir? 195 Länder der Erde haben sich gemeinsam auf ein 1,5 Grad-Ziel geeinigt. Sie wollen bis 2050 ihre CO2-Emissionen auf Null reduzieren, um die globale Erderwärmung zu begrenzen. Ein Ziel, das – wie wir alle bereits wissen – kaum noch zu erreichen scheint. Und noch absurder: Sollte die Reduzierung von 1,5 Grad überhaupt ein Ziel sein? Ziele, wie ich es gelernt habe, sollten so sein: SMART, also spezifisch, messbar, angemessen, realistisch und terminiert. Gut, die 1,5 Grad sind auf jeden Fall spezifisch, messbar und terminiert. Wenn sich alle endlich zusammenreißen würden, wären 1,5 Grad auch realistisch. Aber wie kann die Reduzierung um 1,5 Grad uns ernsthaft angemessen erscheinen? Braucht es nicht weit mehr? Und was ist danach? Sollte die Reduzierung der Erderwärmung nicht nur eines von vielen Mitteln sein, um unser Leben auch weit über 2050 hinaus lebenswert zu gestalten? Wenn auch nicht für uns selbst, dann doch für unsere Kinder und Enkelkinder. Wollen wir eine Welt, die „nur“ 1,5 Grad weniger erwärmt wird?

Ohne Handwerk keine Energieeffizienz

In einer aktuellen Bitkom-Studie wird auf die Bedeutung der Digitalisierung für CO2-Emissionen an Gebäuden hingewiesen. Von derzeit 51 Mio. Tonnen C02, die im Gebäudesektor produziert werden, könnten knapp 15 Mio. Tonnen CO2 an Emissionen eingespart werden. Was es dafür braucht? Natürlich das Handwerk! Die automatisierte Steuerung von Heizung und Warmwassererzeugung, von Kühlung und Beleuchtung sowie die Nutzung einer intelligenten Sektorenkopplung, die das eigene Energieangebot von Gebäuden mit verschiedenen Speichermöglichkeiten wie Warmwasser oder die E-Auto-Batterie automatisch abgleicht und flexibel steuert, hat immenses Potenzial. Und ohne Handwerk funktioniert diese Form der Energieeffizienz nicht. Deshalb geht mir die Energie nicht aus, junge Menschen, die sich für Digitalisierung und Klimaschutz gleichermaßen interessieren, aufzurufen, sich für eine Ausbildung im Handwerk zu entschließen. In wohl keiner anderen Branche kann man in den kommenden Jahren mehr für unser aller Zukunft bewegen. Und damit meine ich handeln, anpacken und umsetzen, wie wir es vom Handwerk gewohnt sind.

Sonnige Aussichten für erneuerbare Energien

Wir sehen das aktuell im Kreis Warendorf und im Kreis Steinfurt. Dort verfügen erst ca. 12 bis 15 Prozent der Privathaushalte über eine Photovoltaikanlage. Die mindestens 85 Prozent freien Privatdächer plus das Potenzial der nicht für Sonnenstrom genutzten Gewerbedachflächen zusammen ergeben sonnige Aussichten für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Aber es muss einem ja immer erst jemand aufs Dach steigen, ehe sich etwas ändert. Nicht wahr? Am Handwerk liegt es jedenfalls nicht.

Neben der Herstellung von erneuerbaren Energieträgern, geht es ebenso um die Energieeinsparungen. Eigentlich ganz einfach: Alles was gespart wird, muss nicht produziert werden. Reduzieren wir uns und unseren CO2-Fußabdruck gleich mit!

Aktuell bekommen wir in unseren Landkreisen immer wieder Besuch von sogenannten Projektierern, die die weißen Flecken auf dem Windkraftanlagen-Atlas Deutschlands suchen. Wo sie fündig werden, versuchen sie Pachtverträge mit den ansässigen Landwirten zu schließen, um dort Windenergieanlagen zu bauen. Schön und gut, doch wir möchten lieber Bürgerwindparks fördern. Denn bei allen Nachteilen, die die Technologie mit sich bringt, sind die dann betroffenen Bürger mit einer Windenergieanlage in unmittelbarer Nähewenigstens an den Erlösen beteiligt. So bleibt die Wertschöpfung direkt in der Region vor Ort und die Akzeptanz ist eine andere.

Dezentrale Lösungen für Energieunabhängigkeit

Apropos Akzeptanz. Natürlich kann man aktuell vor dem Fernseher sitzen und es besser wissen: „Das Gas aus Katar können wir aufgrund der dortigen Verstöße gegen die Menschenrechte genauso wenig nehmen wie das aus Russland.“ Wer in den letzten Wochen beobachtet hat, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck viel seiner persönlichen Energie dafür aufbringt, um für Deutschland Flüssiggas aus Katar zu organisieren und eine Kohlereserve für den anstehenden Winter aufzubauen, wird ihn kaum beneiden. Eine schwierige Mission, die sich der Grünenpolitiker Habeck sicher auch anders vorgestellt hat. Natürlich ist es mit Blick auf die Menschenrechte und die autokratische Struktur – die CO2-Bilanz mal außen vor – nicht viel besser russisches Gas oder Flüssiggas aus Katar zu beziehen. Das sehe ich genauso. Doch im Zuge der Versorgungssicherheit für Deutschland müssen solche Gespräche leider geführt werden. Wie Minister Habeck diese aktuell durchzieht, dafür von meiner Seite aus: „Chapeau“.

Wichtig beim Thema Energie ist jedoch, nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln. So, wie es das Handwerk immer schon gemacht hat. Persönlich setze ich meine Energie für das Thema u. a. als zweiter Vorsitzender im Verein energieland 2050 im Kreis Steinfurt ein. Hier arbeiten wir mit allen Beteiligten daran, dezentrale Lösungen zu schaffen, um schon bis zum neuen Ziel 2040 – gerne früher – energieunabhängig zu werden. Das ist unser smartes Ziel.

Ihr energiegeladener Frank Tischner