Bildungsland Nr. 1 – alles Einbildung?

Wer nicht fragt, bleibt dumm. Das wissen wir seit unserer Kindheit. Und ein Staat, der nicht in die Bildung seines Landes investiert, der scheint mir persönlich noch viel dümmer. Deshalb frage ich: Welchen Stellenwert hat Bildung in unserer Gesellschaft?

Gefällt Ihnen Ihr Job? Sind Sie glücklich, wenn Sie sich auf dem Weg zur Arbeit befinden oder im Homeoffice den Rechner einschalten. Gehen Sie nach getaner Arbeit zufrieden in den Feierabend? Ich persönlich kann jede dieser Fragen mit einem eindeutigen „Ja“ beantworten. Zugegeben, auch nicht jeden Tag.

Worum es mir geht, ist die Tatsache, dass in Deutschland immer mehr Menschen ihrer Arbeit nicht gerne nachkommen. Viele Menschen kündigen innerlich, andere offensichtlich. Nicht wenige werden durch ihren Beruf krank. Wieso ist das so? Sicher gibt es viele Faktoren, doch auf einen möchte ich in diesem Blogbeitrag gerne eingehen: Unser deutsches Bildungsverständnis.

Welchen Stellenwert hat Bildung heute in unserer Gesellschaft? In anderen Ländern, in denen es den Menschen nicht so gut geht wie uns, ist Bildung hoch angesehen. Schon die Kleinsten wissen, dass sie es nur durch Bildung schaffen werden, einmal ein besseres Leben zu führen. Auch in Deutschland haben wir diesen Ansatz: So gibt es zahlreiche Studien, die immer wieder belegen, dass es eine Bildungskluft gibt und Kinder aus bildungsfernen Familien es zunehmend schwerer haben.

Bildung für wirtschaftliche Wertschöpfung

Auf der einen Seite wissen wir also um den Stellenwert von Bildung. Auf der anderen Seite wollen wir nichts dafür ausgeben. Warum wird Bildung immer noch als Kostenfaktor und nicht als Investition in die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen und damit unser aller Zukunft gesehen?

Kosten wird es uns als Gesellschaft insgesamt doch weitaus mehr, wenn die wirtschaftliche Wertschöpfung immer weiter abwandert, weil wir sie nicht in Deutschland halten können. Ob Politik oder Wirtschaft – manchmal habe ich das Gefühl, dass jeder nur seine Pfründe sichert. Doch an das große Ganze wird sich nicht herangetraut.

Wo wollen wir denn noch hin in unserer ohnehin schon „bachelorisierten“ Arbeitswelt? Wo schon Berufseinsteiger nach dem Sinn ihrer Tätigkeit suchen, Routinearbeiten ausführen, die schon bald von Künstlicher Intelligenz übernommen werden und deshalb schnell die (Pardon!) Schnauze von ihrem Beruf vollhaben, der so niemals zu ihrer persönlichen Berufung werden kann.

Bildung beeinflusst unser aller Zukunft

Ich habe selbst zwei Ausbildungen erfolgreich absolviert, bin Handwerksmeister und Betriebswirt und ich erinnere mich an die Zeiten, als der Status eines Dipl.-Ing. noch etwas ganz Besonderes war. Mit der Umstellung auf Bachelor und Master haben wir unserem deutschen Bildungssystem und vor allem der deutschen Wirtschaft keinen Gefallen getan. Wir haben mittlerweile Abiturnoten von 0,X!

Wir verlieren uns zu häufig im Klein-Klein der Bürokratie in unserem Bildungswesen, statt die vergleichsweisen guten Zeiten für notwendige Reformen, ein verändertes Investitionsverhalten und eine langfristige Strategie für die die Selbstbehauptung Deutschlands als eine der führenden Wirtschaftsregionen der Welt zu nutzen. Wir jagen die Schulen von Reform zu Reform, führen Diskussionen um den richtigen oder falschen Joghurt in der Schulmensa, trauen uns aber an die wirklich wichtigen Fragen nicht heran.

Um auch morgen noch für wirtschaftlichen Erfolg und soziale Sicherheit sorgen zu können, konzentriert sich die Politik auf die Verteilung des Vorhandenen. Für mich ist es zu viel Gegenwart und zu wenig Zukunft. Und der Föderalismus hilft uns in dieser Angelegenheit auch nicht weiter.

Was wir in Deutschland brauchen, ist (wieder) ein klares einheitliches Bekenntnis zur Bildung und entsprechendes einheitliches Handeln. Wir waren doch einmal das Bildungsland Nr. 1. Oder war das etwa alles nur Einbildung?

Ihr Frank Tischner