Es sind die Unternehmer, die den Karren ziehen

Ich komme gerade aus Südafrika. Dort hat die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf zusammen mit ihrem Partner in der Berufsbildungspartnerschaft, dem uMfolozi College in Richards Bay, ein Gründerzentrum eingeweiht, wo junge Menschen nach einer Ausbildung nach deutschem Modell berufliche Zukunftschancen erhalten sollen – sei es in einem Beschäftigungsverhältnis als ausgebildeter Facharbeiter oder durch Gründung einer eigenen Firma als Kleinunternehmer.

Zurück in Deutschland lese ich nun einen in einer regionalen Tageszeitung erschienenen bemerkenswerten Leserbrief. Die Schreiberin fragt sich angesichts einer zuvor veröffentlichten Karikatur, in der Männer in grauen Anzügen (anscheinend Unternehmer) mit Plänen in der Hand nach dem Platz für den Geldspeicher suchen, wo die Wertschätzung für das Unternehmertum geblieben ist und zitiert dabei Winston Churchill mit den Worten: „Es gibt Leute, die halten Unternehmer für einen räudigen Wolf, den man totschlagen müsse, andere meinen, der Unternehmer sei ein Kuh, die man ununterbrochen melken kann. Nur ganz wenige sehen in ihm das Pferd, das den Karren zieht.“ Und ich kann der Verfasserin des Leserbriefes nur Recht geben.

Wer will sich denn heutzutage noch selbständig machen? Wer hat denn heute noch Lust auf eine >50-Stunden-Woche oder auf Risiko? Wer will noch Verantwortung für andere und deren Familien übernehmen? Die junge Generation lernt Unternehmertum in der Schule zumeist nur aus der Sicht der Kapitalismuskritik kennen, Themen wie „Wir präsentiere ich mich meinem Chef im Bewerbungsgespräch“ werden im Unterricht in verschiedenen Variationen behandelt, deutlich weniger hingegen die Frage „Wie gründe ich ein Unternehmen?“ Ich will an dieser Stelle auch nicht über die Ich-AGs sprechen, die geschaffen und gefördert wurden, um die Arbeitslosen-Statistik besser aussehen zu lassen und deren Inhaber, Geschäftsführer und alleiniger Mitarbeiter nur in den seltensten Fällen wirklich Unternehmer sind. Zudem haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse mittlerweile auch geändert.

Solange die Wirtschaft brummt, kann man nur wenige vom sicheren Arbeitsplatz mit regelmäßig gezahltem Gehalt und Versorgungsansprüchen im Alter in eine ungewisse Zukunft als Unternehmer locken. Aber dass man Unternehmer und Unternehmen braucht, um den gewünschten Arbeitsplatz zu schaffen und zu sichern, dessen ist man sich anscheinend nicht bewusst. Dabei werden in der Zukunft nicht nur Fachkräfte, sondern auch die Unternehmer weniger, und mit Unternehmer meine ich in erster Linie Führungspersönlichkeiten im Mittelstand. In den Kreisen Steinfurt und Warendorf sind fast ein Viertel der Handwerksunternehmer 60 Jahre alt oder älter. Es ist eine Frage der Zeit, dass so einige dieser Handwerksbetriebe dann mangels Nachfolger schließen müssen – mit der Folge des Verlustes von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, aber auch des Verlustes an Knowhow und Servicequalität und für die Kommune mit einem Verlust an gesellschaftlichen Engagement.

Ich meine, jetzt, wo es noch diese Handwerksunternehmen und auch gut ausgebildete und leistungsstarke Mitarbeiter gibt, die den Staffelstab übernehmen können, sollte man sich zurückbesinnen, wie wertvoll Unternehmertum im Mittelstand für Deutschland und die soziale Marktwirtschaft war und ist, und mehr Wertschätzung gegenüber dem Unternehmertum entgegenbringen. Denn es gehört immer häufiger zur Normalität, dass Unternehmerinnen und Unternehmer eher als Glückspilze oder – noch schlimmer – als Ausbeuter und Dagobert Ducks angesehen werden, ohne dass man erkennt, wie viel Arbeit das tägliche Tun macht und welche Rückschläge und Risiken dafür in Kauf genommen werden und auf der anderen Seite so viel Innovations- und Leistungskraft freigesetzt wird? Unternehmer unternehmen was, sie sind keine Unterlasser. Stellen wir uns doch einmal die Frage, wo die Wertschöpfung für die Gesellschaft geschieht. Bestimmt nicht in einer Behörde!

Mehr Anerkennung und Unterstützung für die kleinen und mittleren Unternehmen und weniger Bürokratie und Überreglementierung: das würde helfen, „Germany’s Mittelstand“, ein fester anglizistischer Begriff, wieder zu seinem Stellenwert zu verhelfen. Nur so kann das deutsche Modell der sozialen Marktwirtschaft auch in der Zukunft bestehen. Wobei allen Karikaturisten, Sozialisten und sonstigen „isten“ klar sein muss: Das Soziale in der Marktwirtschaft muss aus dem finanziert werden, was die Unternehmen erwirtschaften. Sie sind es, die den Karren ziehen.

Ihr

Frank Tischner

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