Mut zum Mittendrin
In Münster war unlängst der Katholikentag, evtl. war der ein oder andere auch dabei? Entgegen allen Vorurteilen, ich fand es klasse! Eine entspannte und offene Atmosphäre, gut gelaunte Menschen, Musik, Kultur, Begegnungen, politischer und gesellschaftlicher Austausch – das alles hatte die Großveranstaltung zu bieten. Der Erfolg gibt den Veranstaltern Recht – und macht hoffentlich die beschämende Diskussion im Vorfeld, ob Zuschüsse an die katholische Kirche fließen dürfen und wenn ja, in welcher Form vergessen. Ich kann nur sagen: Es hat sich gelohnt, mittendrin zu sein! Mein Dank geht an die Organisatoren des Katholikentages, die den Mut hatten und Verantwortung übernommen haben. Mut und Verantwortungsbewusstsein, genau das, was einigen Politikern im Stadtrat von Münster mehr als fehlt.
Ums Dabeisein ging es vielerorts auch inhaltlich. Denn viele Podien beschäftigten sich mit der Frage, wie die Integration von Flüchtlingen und Einwanderern gelingen kann. Damit hat der Katholikentag eine wohltuend sachliche und anregende Plattform für echten Austausch geboten – und so auch eine bitter nötige Alternative zu platten und polarisierenden Gehört-der-Islam-zu-Deutschland-Debatten und staatlich verordneten Wandkreuzen.
Mir ist klar: Integration ist alles andere als einfach! Und einfache Lösungen gibt es nicht, auch wenn uns Rechtspopulisten und Sozialromantiker das glauben machen wollen!
Mittendrin beim Thema Integration ist inzwischen längst das Handwerk. Seit jeher an flexible und unkonventionelle Lösungen gewöhnt, machen viele Betriebe vor, wie sie Menschen mit Migrationshintergrund oder Fluchtgeschichte in die Arbeitswelt integrieren. Nicht wenige Arbeitgeber haben sich in den vergangenen Monaten und Jahren dafür stark gemacht, jungen Flüchtlingen und Migranten eine berufliche Perspektive zu bieten. Dass dafür zuweilen auch unkonventionelle Lösungen her mussten, haben wir als Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf aus erster Hand erfahren. Und das nicht nur, als wir in einem der ersten Pilotprojekte junge Flüchtlinge für den Arbeitsmarkt qualifiziert haben.
Auch das Volkswirtschaftliche Institut für Mittelstand und Handwerk der Universität Göttingen weist in seiner aktuellen Studie nach, wie groß die Integrationsleistung des Handwerks ist. Bis zu 17 Prozent der eingewanderten erwerbsfähigen Bevölkerung ist aktuell in Deutschland im Handwerk tätig. Dabei weiß ich: Es gehört auch viel Mut dazu, vermeintlich fremde Menschen mit ungewohntem kulturellen Hintergrund einzustellen. Denn ein Arbeitsverhältnis gelingt nur, wenn sich nicht nur Mitarbeiter auf betriebliche Regeln, sondern auch Arbeitgeber auf menschliche Gegebenheiten und Besonderheiten einlassen.
Damit ich an dieser Stelle richtig verstanden werde: Integration ist keine Einbahnstraße! Sie fordert von Ankommenden wie Aufnehmenden gleichermaßen. Und aller kulturellen Unterschiede zum Trotz gibt es Regeln, die hierzulande für jeden gelten. Angefangen von der Gleichberechtigung von Mann und Frau bis hin zu Tugenden wie Einsatz, Pünktlichkeit und Verbindlichkeit, die zu jedem gelingenden Arbeitsverhältnis dazugehören.
Das Handwerk macht es vor: Es lohnt sich, Mut zu beweisen. Mut, einem jungen Migranten trotz aller Wenn und Aber die Chance auf eine berufliche Perspektive zu bieten – und einen loyalen Mitarbeiter zu gewinnen. Auch wir als Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf haben Mut bewiesen, als wir uns auf die Berufsbildungspartnerschaft mit dem uMfolozi College in Richards Bay/ Südafrika eingelassen haben. Strukturen der dualen Berufsausbildung auf der anderen Seite der Erde zu schaffen – das war schon ein äußerst hoch gestecktes Ziel!!
Nach den bisher zweieinhalb Jahren intensiver Zusammenarbeit und der offiziellen Eröffnung des neuen Ausbildungszentrums in Richards Bay sind wir frohen Mutes, dass der Bildungsexport aus dem Handwerk für junge Menschen am anderen Ende der Welt verlässliche berufliche Perspektiven schaffen kann! Und genau die benötigen wir, wenn wir in einer globalisierten Welt Flüchtlingsströme eindämmen möchten. 99,9 Prozent der Menschen kann nur dort geholfen werden, wo sie leben. Wenn wir uns dieser Verantwortung nicht bewusst werden, werden wir in Zukunft noch sehr unruhige Zeiten erleben!
Ich bin der Meinung, dass viele vom Handwerk lernen können. Und das nicht nur in Südafrika. Zum Beispiel auch jene Politiker, die keinen Mut zu einer finanziellen Beteiligung am Katholikentag in Münster hatten. Manchmal muss man einfach mal machen (#einfachmachen) – allen Bedenken zu Trotz! Das gilt im Handwerk wie in der Politik. Der Mut zum Mitmachen wird ganz sicher auch in Münster belohnt. Die positive Resonanz von Veranstaltern und Besuchern lässt schon jetzt erahnen, dass sich das Invest in den Katholikentag für die Stadt Münster mittelfristig doppelt und dreifach auszahlen wird!
Ihr
Frank Tischner
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