Gegen Dummheit gibt es keine Impfung
Das noch junge Jahr beginnt wie das vergangene aufgehört hat: im Lockdown. Mit den am 5. Januar verkündeten Verlängerungen und Verschärfungen steigt die Ungeduld und Unzufriedenheit in der Bevölkerung weiter an; die Menschen sind genervt.
Irgendwie verständlich.
Gänzlich unverständlich hingegen entscheiden sich kurzerhand Massen dazu, für einen Tagesausflug in verschneite Winterorte zu reisen, um endlich mal rauszukommen, während wir versuchen, anstehende Abschlussprüfungen unter höchsten Hygienemaßnahmen durchgeführt zu bekommen, um Jugendlichen eine berufliche Zukunft zu geben. Solidarisch ist anders!
Es geht um Solidarität
Und Solidarität ist in der aktuellen Krisensituation mehr gefragt denn je. Nicht umsonst hat die solidarische Staatengemeinschaft der EU ein europäisches Impfstoff-Bestellverfahren durchgeführt. „Die da oben“ haben sich dabei sicher nur das Beste für die Menschen innerhalb der Europäischen Union gedacht. Doch wie soll Otto-Normal-Bürger das glauben, wenn selbst unter den beteiligten Politikern einer Regierungskoalition plötzlich Schuldzuweisungen aufkommen und jeder es auf einmal anders und besser gemacht hätte. Persönliche Angriffe statt kritischer Auseinandersetzung stehen auf der politischen Agenda – wie passend im Wahljahr 2021, der Vorhang hebe sich. Doch wie unpassend mitten in einer Pandemie! Oder wie es Nikolaus Blome in seinem ntv-Kommentar „Wahlkampf um Impfdosen: Spinnt ihr?“*1 auf den Punkt bringt. Entweder sind wir ein Europa und ziehen in dieser Angelegenheit an einem Strang oder nicht. Wobei mir persönlich ersteres deutlich lieber ist.
Solidarität hört für mich allerdings nicht an den EU-Grenzen auf. Auch wenn wir aktuell sehr auf Deutschland und unser eigenes Bundesland NRW, bzw. verstärkt auf die Infektionszahlen in unseren Kreisen schauen, dürfen wir doch das große Ganze nicht aus den Augen verlieren. Solidarität geht bei mir mit Internationalität einher. Die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf engagiert sich seit Jahren in vielen Ländern der Welt und führt ihre erfolgreichen Projekte und Bildungspartnerschaften in Jordanien und Südafrika auch in Pandemiezeiten fort. Zwar anders, aber es geht sehr erfolgreich weiter. Denn es muss weitergehen! Und auch hier bei uns vor Ort beraten wir selbstverständlich umfangreich, gewissenhaft und persönlich unsere Mitglieder weiter und stehen ihnen zur Seite – wenn auch mit mindestens 1,5 m Abstand. Aktuell hat die eingangs erwähnte Durchführung der Abschlussprüfungen unserer Auszubildenden für uns oberste Priorität, denn es geht um ihre Bildung und damit ihre Zukunft.
Zusammenhalt statt Spaltung
Wenn ich allerdings so manche Schlagzeile in den Medien lese, frage ich mich, ob die dafür Verantwortlichen sich der Folgen Ihrer Polemik für unser aller Zukunft überhaupt bewusst sind oder diese billigend in Kauf nehmen. Um die bereits erwähnten Tagesausflüge zu unterbinden, wurde jetzt der 15km-Bewegungsradius bei einer 7-Tage-Inzidenz von 200 eingeführt. Eine objektiv nachvollziehbare Maßnahme zur Eindämmung von Kontakten in der Öffentlichkeit, wie ich finde. Und was schreibt dazu die Zeitung mit den vier Buchstaben? „Merkel will die Corona-Leine in Hotspots!“*2 – mit geistiger Brandstiftung wie dieser wird unsere Gesellschaft immer weiter gespalten. Wozu sollen unsachliche Äußerungen wie diese, die gegen „die da oben“ aufhetzen, führen? Es wird eine Welt konstruiert, die keine demokratischen Prinzipien achtet, und die nur über Hass und Verachtung funktioniert. Ich sage es Ihnen: Es gibt Parteien, die reiben sich bereits jetzt grinsend die Hände und freuen sich, dass „das Volk“ immer unzufriedener wird. Der öffentlich ausgetragene Streit spielt also leider den Falschen in die Karten. Die aktuellen Ereignisse in Washington D.C. zeigen uns, was passieren kann, wenn ein amerikanischer Präsident sinnbildlich Streichhölzer und Sprengstoff in seinen scharfmachenden Reden verteilt: Es gibt Menschen, die daraufhin an der Demokratie zündeln.
Mein konstruktiver Vorschlag:
Wenn es um uns herum „heiß“ wird, behalten Sie einen kühlen Kopf. Halten wir uns gemeinsam weiterhin an die Regeln, lassen Sie uns unsere Arbeit im vorgegebenen Rahmen bestmöglich erledigen und warten wir auf die Impfung, die uns alle irgendwann wieder näher zusammenrücken lässt. Geimpft und rückblickend hoffentlich etwas schlauer.
Ihr Frank Tischner
*1 https://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Spinnt-ihr-article22271114.html
