Mehrwert schaffen – Mehr Wert für die Gesellschaft
Viel zu häufig wissen wir wesentliche Dinge des Lebens erst richtig zu schätzen, wenn wir sie nicht mehr haben. Wenn der Arzt zum Beispiel rät, die Laufschuhe aufgrund von Gelenkverschleiß an den Nagel zu hängen und man plötzlich an all die ungenutzten Laufkilometer denkt, die man aufgrund irgendwelcher Ausreden nicht gelaufen ist. Und jetzt, wo man nicht plötzlich mehr darf, würde man nur zu gerne sofort lossprinten. Verrückt, oder? Jetzt ist das mit dem Laufen meine persönliche Herausforderung, die unsere Gesamtgesellschaft eher weniger beeinträchtigt. Ein ganz anderer elementarer Kreislauf hingegen ist der Sozialstaat. Seit der Einführung der ersten Sozialversicherungen im späten 19. Jahrhundert durch Otto von Bismarck wurde die Idee weiterentwickelt und ist heute mit den Rechtsbegriffen „soziale Gerechtigkeit“ und „soziale Sicherheit“ in unserem Grundgesetz verankert.
Vorteile sozialer Marktwirtschaft
Ein wichtiges Element ist die soziale Marktwirtschaft. Sie steht für Marktfreiheit bei gleichzeitigem Schutz vor sozialen Ungleichgewichten. Unternehmerverantwortung, betriebliche Partnerschaft und sozialpolitische Korrekturen bei Notlagen sind Kerngedanken der Sozialen Marktwirtschaft à la Ludwig Erhard, die für politische Stabilität und soziale Sicherheit in unserem Land sorgt. Hier hilft uns ein Blick über den Atlantik in die USA. Ein Land, welches seine Hoffnung, seinen „American Dream“, komplett verloren hat. Wer mit seinem amerikanischen Traum scheitert, der ist im Land der unbegrenzten Möglichkeiten auf sich allein gestellt. Überhaupt ist es mit der sozialen Sicherheit in den USA nicht weit her. Sozialleistungen vom Staat? Fehlanzeige.
Bei uns ist der größte Ausgabeposten im Bundeshaushalt mit 103 Mrd.€ (2020) die Überweisung an die Rentenversicherung. Dieses Geld fällt nicht vom Himmel, es wird von den Unternehmen und den Menschen erwirtschaftet. Daher sollten wir uns glücklich schätzen, dass es bei uns in Deutschland eine hohe Ausbildungsqualität gibt. Dass unsere Kinder Schulen besuchen und (Handwerks)-Berufe erlernen dürfen. Dass sie zu motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden und oft zu unternehmerisch erfolgreichen Selbstständigen. Einen hohen Lebensstandard und eine hohe Produktivität haben wir in Deutschland maßgeblich den Menschen zu verdanken, die als Unternehmerpersönlichkeiten vorangehen. Menschen, die Verantwortung für ihr Unternehmen, ihr Handeln und damit auch für ihre Mitarbeiter übernehmen. Das ist für mich ein weiterer wichtiger Aspekt der sozialen Marktwirtschaft: einen Mehrwert für die Gesellschaft schaffen.
Belastende Wahrnehmung
Es gibt allerdings auch einen Nachteil der sozialen Marktwirtschaft. Wir machen es uns verdammt schwer. Immer wieder reden wir uns die soziale Marktwirtschaft kaputt. Gerade jetzt brauchen wir eine kluge Politik, da wir vor enormen Herausforderungen stehen. Wenn wir es nicht schaffen, endlich den Klimaschutz konkret umzusetzen, wenn wir die Inflation der Mieten nicht einfangen, dann geraten wir in eine enorme wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Schieflage. Es ist eine schlimme Entwicklung, dass Menschen in Städte leben und mit zum kommunalen Steueraufkommen beitragen, es sich aber zunehmend nicht mehr leisten können, dort zu wohnen. Es ist aufgrund einer völlig verfehlten EZB-Geldpolitik aktuell einfacher aus Geld mehr Geld zu machen, als durch Arbeit Geld zu verdienen. Hinzu kommt, dass der Faktor „Arbeit“ viel zu hoch besteuert wird, was viele Menschen resignieren lässt. Wieviel Risiko muten wir uns zu und wie schaffen wir es, dass sich Arbeit lohnt?
Weiterhin erschweren wir Unternehmen mit Bürokratie das Wirtschaften, wo es nur geht. Warum? Wir belasten ausgerechnet die, die doch so viel für unsere Marktwirtschaft leisten und immer wieder selbst investieren. Warum? Als ich im vergangenen Jahr nach der verheerenden Flutkatastrophe zu Besuch bei einem Bauunternehmer in Bad Münstereifel war, schilderte mir dieser im Gespräch, dass es viele Stimmen gegeben habe, die meinten, er als Unternehmer habe doch Geld genug und wäre ja finanziell sicher nicht so betroffen von den Ausmaßen der Flut. Ich frage mich, wie die Menschen darauf kommen. Was ist das für eine Wahrnehmung? Erst kürzlich las ich einen Artikel von Sascha Lobo, in dem er auf „die Mischung aus Verständnislosigkeit und Missgunst bis hin zur Verachtung, mit der in Deutschland Selbstständigen {…} begegnet wird“ hinwies. Auch aus meiner Sicht fehlt es an Wertschätzung denen gegenüber, die täglich etwas unternehmen, damit sich in unserer Gesellschaft etwas bewegt.
Ihr Frank Tischner