Inklusive Potenziale
Wenn ich davon spreche, anders zu sein, meine ich häufig meine eigene Art und Weise, die Dinge anders als andere anzugehen. In meiner Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt Warendorf bin ich anders als andere Hauptgeschäftsführer. Zumindest wird mir dies immer wieder gespiegelt, und mit einem gesunden Blick nach rechts und links, ist dies definitiv auch so.
Daher gebongt, und auch unsere Kreishandwerkerschaft ist anders als andere Kreishandwerkerschaften in Deutschland. Viele unserer erfolgreichen Aktionen und Kampagnen sind einzigartig, innovativ und finden bundesweit und sogar auf anderen Kontinenten Anerkennung. Denn das „Anderssein“ ist für mich persönlich durchweg positiv besetzt. Ich mag es, wenn man um die Ecke denkt, „Das haben wir immer so gemacht“-Strukturen aufbricht, und auch mal das vermeintlich Ungewöhnliche oder das bis dato Unmögliche wagt.
Vom Anderssein wird häufig auch im Kontext von Behinderungen gesprochen – allerdings dann eher „negativ“ besetzt. Warum ist das so? Wieso sehen viele Menschen beim Changemanagement das Anderssein als Chance, im Zusammenhang mit Behinderten jedoch als Nachteil oder gar Hinderungsgrund, sich zu engagieren?
Ich habe schon viele Gespräche mit Akteuren aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik dazu geführt und bin der Meinung, dass wir das Anderssein auch bei Menschen mit Behinderung als großes Potenzial begreifen sollten. Und damit meine ich nicht die Unternehmen, die sich Vielfalt auf die Webseite schreiben, um nach Nachhaltigkeit dem nächsten Trendthema zu folgen und nach der Photovoltaikanlage jetzt mit Inklusion ein weiteres Kapitel Ihres CSR-Reports zu füllen.
Ich spreche von Unternehmerinnen und Unternehmern, die sich aus Überzeugung dafür entscheiden, Menschen einzustellen. Menschen mit unterschiedlichen Talenten und Stärken, die das Team bereichern. So wie jedes Team von Vielfalt profitiert, kann auch der erste Arbeitsmarkt von Menschen mit Behinderung nur profitieren. Und viele Menschen mit Behinderung können erst in einem „normalen“ Unternehmen ihr volles Potenzial entfalten – nicht für jeden Menschen mit Behinderung ist die Beschäftigung in einer Werkstatt erfüllend. Jeder Mensch ist eben anders, bzw. braucht jemanden, der an ihn glaubt.
Zum diesjährigen Ausbildungsstart begrüßen wir in der Kreishandwerkerschaft einen jungen Menschen in unserer Verwaltung. Und diese Ausbildung wird für uns anders sein als bisherige kaufmännische Ausbildungen, da unser neuer Auszubildender der Erste ist, der neben jeder Menge Motivation auch eine Schwerbehinderung hat. Ich freue mich schon sehr auf die gemeinsame Zeit und auf alles, was wir gegenseitig voneinander lernen dürfen.
Für diese Möglichkeit des gegenseitigen Lernens und die Chance, auf beiden Seiten unsere Potenziale zu entfalten, brauchen wir meiner Meinung nach neben Integrationsbetrieben, auch Unternehmen, die einfach die Lebenswirklichkeit abbilden und ganz selbstverständlich Menschen einstellen. Menschen mit, ebenso wie Menschen ohne Behinderung.
Lassen Sie uns gemeinsam anders sein und unsere Potenziale ausschöpfen!
Ihr Frank Tischner